Seit mittlerweile über einem Jahr hat sich ein Großteil unserer sozialen Begegnungen und Aktivitäten in die virtuelle Welt verlagert. So auch die Yogapraxis. Was vor März 2020 noch kaum vorstellbar war, ist mittlerweile eine neue Normalität: Online Yoga.

Zuhause den Laptop (oder ein anderes mobiles Gerät) gestartet, bucht und loggt man sich in den gewünschten Kurs ein und schon ist ist man im virtuellen Yogaraum und macht getrennt voneinander – und doch irgendwie zusammen – Yoga.
Weit verbreitet ist dabei die Plattform Zoom, bei der man (wenn man möchte) sein Video anhat und so vom Yogalehrer wie auch von den Teilnehmern gesehen werden kann. Umgekehrt sieht man dann eben auch einen Teil der Mit-Yogis in kleinen „Kacheln“, was zu einem Live- und Gemeinschaftsgefühl führt.

Während zu Beginn des 1. Lockdowns das Angebot noch überschaubar war, gibt es mittlerweile ein breites und buntes Yogaprogramm online. Anfangs hatten noch einige gezögert ihre Kurse online zu bringen, weil man dachte und hoffte es sei vielleicht nur eine kurzzeitige Schließung. Außerdem galt es erst mal die entsprechenden technischen Herausforderungen zu klären sowie die Technik an sich zu beschaffen und einzurichten.
Technisch herausfordernd war es anfänglich oft auch nicht nur für Studios und Yogalehrer, sondern auch für die teilnehmenden Yogis, die nicht ganz so affin mit den verschiedenen Online-Prozessen sind.
Doch wie oben erwähnt, wurde es dann spätestens zum 2. Lockdown im November für alle Parteien (mehr oder weniger) zu einer neuen Normalität.

Doch was ist nun der Unterschied, wenn man zuhause an einer Yogaclass teilnimmt, die über einen (meistens eher kleinen) Bildschirm läuft? Wie ist es für die Yogalehrer alleine im Studio zu sein? Was sind insgesamt die Vor- und Nachteile?
Das möchte ich hier, nach meinen Erfahrungen, einmal aufschlüsseln.

Unterschiede bzw. Voraussetzungen bei der Yogapraxis zuhause

  • eigenes Equipment, Minimum eine (gute) Yogamatte
  • einen Raum, in dem man genug Platz hat für die Yogamatte / die Praxis und möglichst Ruhe
  • technische Voraussetzung: neben dem Endgerät (mit Mikrofon und Kamera) eine gute Internetverbindung (für mehr Beständigkeit bei schwachem WLAN: LAN Kabel)
  • die Energie im eigenen Raum ist natürlich anders als im Studio und auch weil die Energie der anderen Yogis fehlt, muss man sich wirklich auf die Online-Stunde einlassen wollen und können

Nachteile oder Herausforderungen der Yogapraxis daheim

  • keine Adjusts durch den Yogalehrer
  • weniger Wahrnehmung vom Yogalehrer,
    da er i.d.R. mehr mitmachen muss, auch nur die meist kleinen Kacheln sieht und oft nicht den gesamten Körper
  • Motivation sich aufzuraffen oder die Praxis durchzuhalten kann schwerer fallen
  • die Energie der anderen und das Gemeinschaftsgefühl ist weniger
  • Technische Probleme (z.B. Internet instabil) bei sich oder dem Yogalehrer
  • ggf. weniger Yoga Equipment zur Verfügung oder auch Platzprobleme
  • man muss (immer wieder mal) auf einen Bildschirm schauen
    ggf. steht er ungünstig oder auch weiter weg; das Bild ist nicht so scharf;
    es ist schwer Details zu erkennen o.ä.
  • potentielle Störung durch Mitbewohner / Kinder

Vorteile der Yogapraxis daheim

  • keine Fahrzeiten und ggf. -kosten
  • mehr Flexibilität – spontanes Entscheiden, ob man es kurzfristig in eine Yogaclass schafft.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass man durch das Wegfallen der Fahrzeiten und der Möglichkeit spontan teilzunehmen, auch mal eine Yogaklasse mehr pro Woche schafft ist meiner Meinung bzw. Erfahrung groß 🙂
  • praktisch/ einfacher für Mütter ohne Babysitter
  • Standort ungebunden – man kann sozusagen das weltweite Angebot nutzen
  • für Leute, die lieber alleine üben (z.B. bei Hemmung neben anderen zu yogen)

Herausforderungen für den Yogalehrer beim Online Yoga

  • kein Herumgehen im Raum zwischen den Yogis, man muss weitgehend auf der Matte bleiben und viel selbst mitmachen, man kann keine Adjust geben
  • 60-90 min spricht und befindet man sich in einem leeren, ruhigen Raum
  • Der Yogalehrer bekommt nur wenig Feedback und kann nicht immer einschätzen, wie es den Leuten geht, ob sie die Praxis mögen etc.
  • die gemeinsame Energie im Raum fehlt
  • der Yogalehrer kann die Teilnehmer nicht so gut sehen/ beobachten wie im Studio und so weniger verbal auf Dinge eingehen oder erkennen wie gut die Gruppe mitkommt oder ob das Tempo stimmt etc.

Mein Fazit nach 1 Jahr Online Yoga

Das UNIT Yoga war damals super schnell am Start und so hatte ich direkt 2 Tage nach Beginn des 1. Lockdowns am 16. März 2020 meinen ersten Online Kurs gegeben. Das war natürlich erstmal komisch, vor allem der Punkt in den leeren Raum zu sprechen und wenig Rückmeldung während des Kurses zu haben (kein Atem hören, kein Lachen, kein Stöhnen…). Aber ich habe mich, auch dank gutem Feedback danach, recht schnell ans Online-Unterrichten gewöhnt. Und ich muss sagen, dass es sehr schön war und ist die Yogis so weiterhin zu sehen – auch alle sozusagen auf einen Blick – und vor und nach dem Kurs mit ihnen zu sprechen.

Als es über die Sommerzeit Lockerungen gab, habe ich die Kurse hybrid unterrichtet. Das bedeutet ich hatte Yogis vor Ort sowie online. Hier beiden Parteien möglichst gerecht zu werden ist natürlich nochmals mehr herausfordernd und je nach Teilnehmeranzahl nicht immer vollständig machbar.

Aus Teilnehmersicht muss ich sagen, dass ich Online-Kurse super finde. Natürlich freue ich mich, wenn ich wieder im schönen Studio gemeinsam mit anderen Yogis praktizieren kann. Dennoch genieße ich die oben genannten Vorteile wie: keine Fahrtwege, sich spontan einschalten und an Kursen aus anderen Städten teilnehmen.